FIDLEG und FINIG – wie die Fristen ideal genutzt werden können

Autor: Simon Wälti, CEO FINcontrol Suisse AG

FIDLEG und FINIG sind zwar seit Anfang 2020 in Kraft. Beide Gesetze aber sehen (im Falle des FIDLEG über dessen Verordnung) unterschiedliche und unterschiedlich lange Übergangsfristen vor. Wie sind diese zu nutzen?

Finanzinstitute, die bereits per Ende 2019 ihre Geschäftstätigkeit ausgeübt hatten und dafür einer SRO angeschlossen waren, profitieren von einer Übergangsfrist von drei Jahren, um die Vorgaben des Finanzinstituts FINIG umzusetzen. Das bedeutet, sie müssen sich bis spätestens Ende 2022 einer Aufsichtsorganisation angeschlossen haben und das Gesuch um Bewilligung bei der Eidg. Finanzmarktaufsicht FINMA einreichen. Die Pflichten aus dem FINIG umfassen überdies namentlich die Vorgaben bezüglich Mindestkapital, Eigenmittelvorgaben sowie die Vorschriften zu Trennung von Leitungsorgan und operativem Geschäft bzw. zwischen operativem Geschäft und Risikomanagement und Risikokontrolle. Eine SRO- oder Branchenorganisations-Mitgliedschaft ist nach der Bewilligung durch die FINMA nicht mehr notwendig. Es ist absehbar, dass per Ende der Frist im Jahr 2022 sich die Anzahl der Gesuche sowohl bei den AO, wie insbesondere auch bei der FINMA häufen werden. Dadurch dürfte vor allem die Lizenzvergabe durch die FINMA zu diesem Zeitpunkt länger dauern als bei vorzeitiger Eingabe des Gesuchs.

Gleichzeitig sind Finanzinstitute bzw. Finanzdienstleister verpflichtet, aufgrund der von ihnen angebotenen Finanzdienstleistung die Verhaltenspflichten aus dem Finanzdienstleistungsgesetz FIDLEG zu erfüllen. Hier nun sieht das Gesetz selber keine Übergangsbestimmungen vor; hingegen ist auf Verordnungsstufe, der FIDLEV, festgehalten worden, dass die meisten Verhaltenspflichten des FIDLEG erst ab 1. Januar 2022 eingehalten werden müssen.

Es bestehen also zwei verschiedene Übergangsfristen, die es von vielen Finanzinstituten zu beachten gibt: die Pflichten aus FIDLEG sind per 1. Januar 2022 umzusetzen, die Vorgaben aus dem FINIG per 1. Januar 2023.

Der Pflichtenkatalog aus dem FIDLEG ist vielseitig und vielschichtig. Einerseits ist eine umfassende neue Kundensegmentierung mit sämtlichen Kunden vorzunehmen und diese auch in den Dokumenten festzuhalten (z.B. im Vermögensverwaltungsvertrag, dem Risiko- und Kundenprofil sowie in allfälligen weiteren Dokumenten). Zur Umsetzung der weiteren Vorgaben, wie namentlich die Prüfung der Eignung bzw. Angemessenheit, die Einhaltung von Informations-, Transparenz- sowie Gleichbehandlungspflichten dürfte aber in vielen Fällen bereits hierfür eine gewisse Restrukturierung und Neudefinition von Prozessen notwendig sein. Die Umsetzung der Verhaltenspflichten dürfte aus heutiger Optik deshalb regelmässig mehr Zeit und Aufwand in Anspruch nehmen als die Anpassungen an die Vorgaben des FINIG. Und es ist absehbar, dass, um diese Vorgaben einheitlich umzusetzen, klare Prozesse und Strukturen vorliegen müssen. Nicht zuletzt wird dadurch auch notwendig, dass die anfallenden Aufgaben und Kompetenzen klar zugeteilt werden.

Es stellt sich deshalb die Frage, ob mit der Umsetzung der Vorgaben aus dem FINIG bis ins Jahr 2022 zugewartet werden soll. Viel häufiger dürfte sinnvoll und effizienter sein, wenn im Rahmen der Restrukturierung durch die Umsetzung der Vorgaben und der Zuteilung der Aufgaben aus dem FIDLEG auch zeitgleich die notwendigen Schritte zur Umsetzung des FINIG im Jahr 2021 eingeleitet werden. Damit ist ein Finanzinstitut ab Anfang 2022 gewappnet für die Vorgaben der beiden Gesetze, und kann danach das Anschluss- und Lizenzverfahren bei der Aufsichtsorganisation bzw. der Eidg. Finanzmarktaufsicht zeitlich nach eigenem Gutdünken ab 2021 bis Ende 2022 steuern.