Best Practice of Corporate Governance bei Banken

Autoren: Rolf Duss, Roland Müller-Ineichen

Kaum ein Begriff hat in den letzten Jahren so stark bewegt wie jener der Corporate Governance. Nicht nur Verwaltungsräte, Manager und Aktionäre fühlen sich von dieser Thematik angesprochen, sondern auch die Aufsichtsbehörden, Politiker und eine breite Öffentlichkeit. Wenn in einer Bank etwas schief gelaufen ist, so wird in der Presse schnell einmal die Ursache in einer mangelhaften Corporate Governance gesehen. Tatsächlich haben die Krisen der letzten Jahre wie auch aufsehenerregende Verlustfälle dazu geführt, dass die Anforderungen an die Corporate Governance sich ständig weiterentwickelt und erhöht haben.

Verantwortlichkeiten und Kompetenzen der Gesetzgeber, der Politiker und der Aufsichtsbehörden reichen meist nur bis zur Landesgrenze. Überall dort, wo der Gesetzgeber nicht regulierend tätig ist oder sein kann, leisten Best Practice Standards einen wichtigen Beitrag für eine gute Corporate Governance. Wirtschaftsverbände und Unternehmen versuchen mittels Richtlinien, Ethikkodizes und anderen Best Practice Standards diese Lücken zu füllen. Auch internationale Standardsetter, unter anderem der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, haben Empfehlungen und Richtlinien für eine zeitgemässe Corporate Governance und ein effektives Risikomanagement ausgearbeitet.

Das Thema Corporate Governance entwickelt sich weiter. Die unabhängige Revisionsstelle ist ein kompetenter und verantwortungsbewusster Experte auf diesem Gebiet und prüft regelmässig Aspekte der Corporate Governance. Doch auch das Verhältnis der Bank oder des Effektenhändlers zur Revisionsstelle ist von gewissen Corporate Governance Grundsätzen betroffen.

Finma wird aktiv

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma nahm die überarbeiteten internationalen Standards zum Anlass, ihr Rundschreiben 2008/24 „Überwachung und interne Kontrollen Banken“ umfassend zu überarbeiten und hat diesbezüglich einen Entwurf vorgelegt. Die Finma will dabei für die Banken die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Corporate Governance, das interne Kontrollsystem und das Risikomanagement neu bündeln. Der Entwurf des überarbeiteten Rundschreibens wurde am 1. März 2016 publiziert. Die Anhörung dauert bis zum 13. April 2016.

Das Rundschreiben wurde 2006 von der EBK erlassen und seither nur geringfügig angepasst. Nicht widergespiegelt werden in der heute geltenden Version des Rundschreibens grundsätzliche Entwicklungen im Bereich der Corporate Governance und wichtige Erkenntnisse für das Risikomanagement aus der Finanzmarktkrise.

Konkret sind von der Finma folgende wesentliche Neuerungen und Anpassungen vorgesehen:

  1. Neben den Kontrollaspekten werden für das Oberleitungsorgan und die Geschäftsleitung auch Grundsätze und Strukturen zur Steuerung der Bank eingeführt („checks and balances“).
  2. Banken der Finma-Aufsichtskategorien 1 bis 3 müssen neu je einen separaten Prüf- und Risikoausschuss einrichten.
  3. Sämtliche Institute müssen über ein durch die Geschäftsleitung ausgearbeitetes und durch das Oberleitungsorgan verabschiedetes Rahmenkonzept für das Risikomanagement verfügen.
  4. Alle Banken der Aufsichtskategorien 1 bis 3 müs-sen eine Risikokontrolle unterhalten, die durch den CRO geführt wird. Bei Banken der Aufsichtskategorien 1 und 2 muss der CRO in der Geschäftsleitung vertreten sein.
  5. Für alle Banken werden minimale Vorgaben zur Offenlegung im Bereich Corporate Governance festgehalten. Banken der Aufsichtskategorien 1 bis 3 unterstehen einer erweiterten Publikationspflicht entlang den Corporate Governance Offenlegungsrichtlinien der SIX.

Betreffend die Organisation und Kontrolle des Unternehmens bedeutet Corporate Governance vor allem die Regelung des Zusammenspiels zwischen dem Aktionär, dem Verwaltungsrat und der obersten Geschäftsführung. Nebst ausgewogenen „Checks und Balances“ zwischen diesen Organen gehören auch Regeln über die innere Organisation dieser Organe. Eine gute Corporate Governance setzt Strukturen und Prozesse voraus, die den Verwaltungsrat befähigen, eine objektive und effektive Erfolgsbeurteilung der operativen Unternehmensführung vornehmen zu können.

Revision und Corporate Governance

Eine wichtige Rolle in der „best practice for corporate governance“ spielen auch die unabhängigen Revisionsstellen (externe Revision). Die Arbeit der externen Revisionsstelle kann bzw. soll den Verwal-tungsrat in seinen Entscheidungen unterstützen und teilweise absichern. Oft unterlassen es Verwal-tungsräte jedoch, von sich aus mit der externen Revisionsstelle direkte und enge Kontakte zu pflegen. Erfahrene Revisoren stellen für Mitglieder von Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen wertvolle Gesprächspartner für viele Themen dar. Es ist zum Vorteil aller Parteien, wenn die Rechenschaftspflicht der externen Revision als Vertreter der Aktionäre gegenüber dem Verwaltungsrat und dem Audit Committee gelebt wird und nicht nur im Organisationsreglement oder in einer Audit Charter erwähnt wird. Von der externen Revision darf bzw. muss erwartet werden, dass sie regelmässig und direkt mit dem Audit Committee kommuniziert.

Das Audit Committee stellt ein kritisches Forum dar, in dem mindestens jährlich u.a. die Arbeiten und Resultate sowie die Leistungen inklusive Unabhängigkeit und fachliche Qualifikation der externen Re-visionsstelle beurteilt werden. Das Audit Committee muss einen systematischen Prozess schaffen, der die Unabhängigkeit, Verantwortlichkeit und Wirksamkeit der externen Revision periodisch überwacht und beurteilt.

Die fachliche Qualifikation und die Leistungen sowie Unabhängigkeit und Wirksamkeit der Revisionsgesellschaft bzw. deren Prüfer lassen sich insbesondere aufgrund folgender Kriterien beurteilen:

  • Vollständigkeit und Richtigkeit der durchgeführten Prüfungen
  • Risikoorientierte Planung der Prüfung
  • Klare, prägnante und gut begründete Beurteilungen in der Berichterstattung
  • Stufengerechte und zeitgerechte Kommunikation und Berichterstattung
  • Effizienz in der Prüfungsdurchführung und bei der Inanspruchnahme des Managements sowie der Mitarbeiter
  • Fachliche Kompetenz, Spezialwissen, Industrie- und Berufserfahrung der involvierten Prüfer
  • Unabhängigkeit der Revisionsgesellschaft, des leitenden Prüfers und des Prüfteams
  • Aufzeigen von wesentlichen Mängeln und Verbesserungsmöglichkeiten
  • Hinweise auf negative Entwicklungen, Risiken und Gefahren
  • Qualitatives und quantitatives Engagement des Leitenden Prüfers
  • Personelle Wechsel des Leitenden Prüfers und innerhalb des Prüfteams
  • Anzahl, Art und Auswirkungen der Prüfergebnisse (z.B. Einschränkungen/Hinweise)

Es ist wichtig, dass das Audit Committee die Revisionsaufgaben und -leistungen beurteilt und sich auch vergewissert, dass die Revisionskosten angemessen angesetzt sind. Damit setzt es die Rahmenbedingungen für eine qualitativ und quantitativ einwandfreie Revision fest.

Periodischer Wechsel der Revisionsstelle

In den Verantwortungsbereich des Audit Committees gehört auch die periodische Beurteilung über die Wahl bzw. Wiederwahl der externen Revision. Selbstverständlich beinhaltet dies, im Sinne einer „best practice of corporate governance“, von Zeit zu Zeit einen Wechsel der statutarischen und aufsichtsrechtlichen Revisionsstelle in Erwägung zu ziehen und zu beurteilen. Während im Ausland periodische Revisionsstellenwechsel oft gesetzlich vorgeschrieben sind, ist dies in der Schweiz (noch) nicht der Fall. In der Schweiz besteht diesbezüglich ein Erfordernis, dass der Leitende Prüfer alle sieben Jahre ausgewechselt wird. Trotzdem wurden in der Schweiz im Jahr 2014 insgesamt 98 Wechsel der aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaft vorgenommen.

In der Regel prüft und beurteilt das Audit Committee die fachliche Qualifikation, die Unabhängigkeit sowie die erhaltenen Offerten von Revisionsgesellschaften und informiert den Gesamtverwaltungsrat über das Resultat seiner Beurteilung. Falls das Audit Committee einen Wechsel der Revisionsstelle als sinnvoll erachtet, erläutert es dies und unterbreitet dem Verwaltungsrat einen Antrag zur Genehmigung. Der rechtliche Rahmen sowie der Prozess betreffend einem Wechsel der Revisionsstelle bei Banken und Effektenhändlern wurden 2015 gelockert. Die ursprüngliche Bestimmung, wonach ein Wechsel der aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaft von der Finma genehmigt werden muss, wurde aufgehoben. Seit 2015 können Banken und Effektenhändler eine der acht Prüfgesellschaften, welche die Zulassung der Revisionsaufsichtsbehörde für die Prüfung von Banken und Effektenhändlern erhalten haben, frei beauftragen. Die Finma müssen sie lediglich noch mittels eines Standard-Formulars über den Wechsel informieren.