FIDLEG

Das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) bezweckt den Schutz der Kunden von Finanzdienstleistern sowie die Schaffung vergleichbarer Bedingungen für das Erbringen von Finanzdienstleistungen durch die Finanzdienstleister. Zudem legt es die Anforderungen für die getreue, sorgfältige und transparente Erbringung von Finanzdienstleistungen fest und regelt das Anbieten von Finanzinstrumenten.

Das FIDLEG wird durch eine vom Bundesrat zu erlassende Vollzugsverordnung (Finanzdienstleistungsverordnung – FIDLEV) ergänzt. Zahlreiche Detailfragen werden erst auf Verordnungsstufe geregelt. Zudem ist es möglich, dass die FINMA technische Einzelfragen ebenfalls in einer Verordnung regeln wird.

Durch das FIDLEG sollen die Interessen der Anleger besser und nachhaltig geschützt werden. Es enthält Regeln für das Angebot von Finanzdienstleistungen und den Vertrieb von Finanzinstrumenten. Das FIDLEG gilt für sämtliche Finanzinstitute, unabhängig von ihrer Art.

Gemäss FIDLEG hat eine Kundensegmentierung stattzufinden: Kunden müssen als Privatkunden, professionelle oder institutionelle Kunden klassiert werden, wobei Möglichkeiten zum «opting-in» bzw. «opting-out» zwischen Kundenkategorien bestehen. Das FIDLEG verlangt von den Finanzdienstleistern eine dem Kunden angemessene Aufklärung und Beratung. Der Finanzdienstleister hat je nach Kundensegment und Art der Dienstleistung eine Prüfung der Angemessenheit und Eignung («Suitability») von Finanzprodukten und Finanzdienstleistungen vorzunehmen.

Neu müssen sich sämtliche Finanzdienstleister einer Ombudsstelle anschliessen. Einheitliche Regelungen sind bei der Prospektpflicht vorgesehen, mit Erleichterungen für KMU.

Vor dem Angebot eines Finanzinstruments an Privatkunden muss ein Basisinformationsblatt («BIB») erstellt werden, welches wesentliche Angaben zum Anlageentscheid und einen Vergleich verschiedener Finanzinstrumente enthält. Das BIB soll auf einfache und verständliche Art eine fundierte Anlageentscheidung und einen echten Vergleich verschiedener Finanzinstrumente ermöglichen. Die Kunden müssen über Eigenschaften, Risiken und Kosten eines Produktes informiert werden.

Die im Entwurf des Bundesrates enthaltenen, aber in der Vernehmlassung stark kritisierten Instrumente der Beweislastumkehr, des Prozesskostenfonds und des Schiedsgerichts hat das Parlament eliminiert.

Wie steht es mit der EU-Kompatibilität?

Inhaltlich orientiert sich das FIDLEG an den entsprechenden EU-Regelungen (MiFID II, MiFIR, Prospektrichtlinie, PRIIPS), weicht jedoch in verschiedenen Bereichen von diesen ab. Im Bereich des Kundenschutzes und der Verhinderung von Interessenkonflikten gehen die schweizerischen Vorschriften weniger weit. MiFID II hat höhere Ansprüche an die Kostentransparenz als das FIDLEG. Auch beinhaltet das FIDLEG im Gegensatz zur MiFID II kein Verbot zur Entgegennahme von Retrozessionen und ähnlichen Kommissionen im Zusammenhang mit Vermögensverwaltung.

Ob die EU FIDLEG als gleichwertig anerkennen wird, ist ungewiss. Obwohl die Anerkennung der Gleichwertigkeit bei der Erarbeitung der Gesetzesentwürfe ursprünglich ein wichtiges Ziel gewesen war, hat dieses Ziel im Verlaufe des Gesetzgebungsprozesses an Wichtigkeit verloren. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass bei der Anerkennung der Gleichwertigkeit durch die EU nicht nur sachliche, sondern auch politische Motive eine Rolle spielen.

MiFID II hat unabhängig von einer allfälligen Gleichwertigkeitsanerkennung auch für Schweizer Vermögensverwalter eine gewisse Relevanz. Ein Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart besagt, dass aufgrund des Lugano-Übereinkommens jedem Konsument das Recht zusteht, seine Ansprüche an seinem Wohnsitz einzuklagen, trotz anderslautender Gerichtsstandsklausel. Entsprechend dem Wohnsitzgerichtsstand des Kunden wird in einem solchen Fall zugleich auch das jeweilige Recht dieses Landes und somit auch die MiFID angewandt.