FINMA Finanzinstitutsverordnung

Autorin: Marianne Müller

Mit der neuen FINMA Finanzinstitutsverordnung FINIV-FINMA, die am 12. November 2020 publiziert wurde, regelt die FINMA Einzelheiten zu fachtechnischen Themen der am 1. Januar 2020 in Kraft getretenen FINIG und FIDLEG. Die FINIV-FINMA tritt am 1. Januar 2021 in Kraft.

In der Anhörung zu FINIV-FINMA wurden unter anderem die Modalitäten der Berufshaftpflichtversicherung für Vermögensverwalter kontrovers diskutiert. In diesem Punkt hat die FINMA entsprechende Anpassungen vorgenommen.

Das müssen Sie als Vermögensverwalter von kollektiven Kapitalanlagen über die neuen Regelungen wissen:

Berufshaftpflichtversicherung für Vermögensverwalter und Trustees

Die neuen Anforderungen orientieren sich an den bisher im Kollektivanlagengesetz verankerten Vorgaben für Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen. Neu wird jedoch eine Nachhaftung für Policen mit Anspruchserhebungsprinzip oder Schadenseintrittsprinzip eingeführt. Der geografische und sachliche Geschäftsbereich gemäss den Organisationsdokumenten ist massgebend für den Umfang der Versicherungsdeckung. Die Berufshaftpflichtversicherung muss Vermögensschäden aus berufstypischen Risiken – und nicht aus sämtlichen Risiken, wie noch im Entwurf vorgesehen – decken. Dies unabhängig davon, ob der Schaden fahrlässig oder grobfahrlässig verursacht wurde. Eine Kürzung bei Grobfahrlässigkeit ist nicht möglich, da die Berufshaftpflicht als Surrogat für die Eigenmittel dient. Maximal 50% der Eigenmittel können durch die Anrechnung der Berufshaftpflichtversicherung bereitgestellt werden, wobei ein allfälliger Selbstbehalt von der angerechneten Deckungssumme abgezogen werden muss. Die häufigsten Berufshaftpflichtrisiken resultieren erfahrungsgemäss aus Anlagefehlern und Pflichtverletzungen von Mitarbeitenden und anderen Vertrauenspersonen.

Berufshaftpflicht für Verwalter von Kollektivvermögen

Die bisherige Regelung gemäss KKV-FINMA wird mit terminologischen Anpassungen in die FINIV-FINMA überführt. Analog zu den Vermögensverwaltern und Trustees wird eine Nachhaftung für Policen mit Anspruchserhebungs- oder Schadenseintrittsprinzip eingeführt. Die neuen Bestimmungen sind auch bezüglich Deckungspflicht für fahrlässig und grobfahrlässig verursachte Vermögensschäden mit jenen für Vermögensverwalter und Trustees identisch. Für die Berechnung des Versicherungsschutzes müssen sämtliche Vermögenswerte von kollektiven Kapitalanlagen und Vorsorgeeinrichtungen, die ein Verwalter von Kollektivvermögen verwaltet, berücksichtigt werden. Das Gesamtvermögen wird jährlich per Abschlussstichtag der Jahresrechnung berechnet.

Berechnung der De-minimis-Schwelle

Bei der Berechnung der De-minimis-Schwelle bei Fondsvermögen und Vermögen der beruflichen Vorsorge ist bei deren Unterschreitung ausnahmsweise eine Bewilligung als Vermögensverwalter möglich. Die bisherigen Bestimmungen in der KKV-FINMA Art. 73 und 74 werden in die FINIV-FINMA überführt. Der Begriff «Verwalter von Kollektivvermögen» umfasst neu auch die Verwalter von Vermögenswerten von Vorsorgeeinrichtungen. Verwalter von Kollektivvermögen, die den Schwellenwert als Materialitätsgrenze nicht erreichen, werden als Vermögensverwalter gemäss Art. 17 ff FINIG behandelt. Zwecks Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Pflichten müssen bei der Berechnung auch an Dritte delegierte Vermögenswerte miteinbezogen werden. Lässt eine Pensionskasse ihr Vermögen in einem Einanlegerfonds verwalten, gilt dieser als kollektive Kapitalanlage.

Für Verwalter von Vorsorgevermögen gab es bis anhin keine Ausführungsbestimmungen zur Berechnung des Schwellenwertes. Bei der Berechnung des Schwellenwertes von CHF 100 Mio. gemäss Art. 24 Abs. 2 Bst. b FINIG müssen sämtliche Vermögenswerte der Vorsorgeeinrichtung – obligatorische und überobligatorische – berücksicht werden. Bei der Berechnung der 20%-Schwelle im obligatorischen Bereich muss einzig auf die verwalteten Vermögenswerte abgestellt werden, die aus dem Obligatorium stammen.

Risikomanagement, Compliance und IKS für Verwalter von kollektiven Kapitalanlagen

Auch hier wurden im Wesentlichen die bisher in der KKV-FINMA geregelten Bestimmungen in die FINIV-FINMA überführt. Das interne Kontrollsystem von Verwaltern von Kollektivvermögen muss auf einer systematischen Risikoanalyse beruhen. Das Organ für die Oberleitung, Aufsicht und Kontrolle muss die Risikotoleranz bestimmen. Dabei muss die objektive Grenze der Risikotragfähigkeit des Instituts berücksichtigt werden.

Bezüglich der Bedeutung des Liquiditätsmanagements führt die FINMA neu eine proportionale Regelung ein. Neu müssen alle Institute, die offene kollektive Kapitalanlagen verwalten, auf Ebene der einzelnen kollektiven Kapitalanlagen die Liquidität sowie die weiteren wesentlichen Risiken regelmässig unter Einbezug verschiedener – auch aussergewöhnlicher und ungünstiger – Marktszenarien beurteilen und dokumentieren. Der Verwalter von Kollektivvermögen kann bei der Ausgestaltung der Szenarioanalysen risikoorientiert vorgehen. Wenn das Fondsvolumen CHF 25 Mio. nicht übersteigt, entfällt diese Anforderung. Ebenfalls müssen neu Institute für jede von ihnen verwaltete kollektive Kapitalanlage angemessene interne Liquiditäts-Schwellenwerte definieren. Da diese stark produkt- und marktabhängig sind, lassen sich diese nicht abstrakt ermitteln. Die Festlegung der Schwellenwerte sollte die Rücknahmeverpflichtungen und anderweitigen Verpflichtungen berücksichtigen. Werden die Schwellenwerte überschritten, müssen primär die Liquidität des betreffenden Fonds überprüft und, falls notwendig, in einem zweiten Schritt die entsprechenden Massnahmen ergriffen werden.

Änderungen bestehender FINMA Rundschreiben

Weiter wurden sechs FINMA-Rundschreiben inhaltlich sowie rund 20 formell angepasst und drei ganz aufgehoben. Für Vermögensverwalter von kollektiven Kapitalanlagen sind folgende angepassten Rundschreiben von Relevanz:

  • Das FINMA RS 2013/8 «Marktverhaltensregeln» wird neu auf Vermögensverwalter, Trustees und Verwalter von Vorsorgevermögen ausgedehnt.
  • Das FINMA RS 2018/3 «Outsourcing – Banken und Versicherungen» wird neu auch für Fondsleitungen, Verwalter von Kollektivvermögen sowie selbstverwaltete SICAV anwendbar sein, aufgrund des Proportionalitätsprinzips jedoch nicht für Vermögensverwalter und Trustees. Fremdverwaltete SICAV sind vom Geltungsbereich ausgenommen. Falls ein Verwalter von Kollektivvermögen keine Portfolios verwaltet, fehlt ihm die Tätigkeit, die ihn als Bewilligungsträger qualifiziert, und somit auch die Bewilligungsfähigkeit.

Handlungsbedarf

SWA Swiss Auditors empfiehlt:

  • Prozesse etablieren, damit bei Änderungen des Geschäftsmodells bzw. der sachlich und geografisch festgelegten Geschäftsbereiche die Berufshaftpflichtversicherung angepasst wird.
  • Berechnungsmethodik für die Ermittlung und Überwachung der De-minimis-Schwellen definieren.
  • Regelmässig eine systematische Risikoanalyse unter Einbezug der Risikotoleranz und Risikotragfähigkeit durchführen.
  • Marktszenarioanalysen entwickeln.
  • Pro Fonds spezifische Schwellenwerte bezüglich Management der Liquiditätsrisiken definieren.
  • Outsourcing Verhältnisse auf Konformität mit dem FINMA Rundschreiben überprüfen.

Fazit

Das Ziel der FINIV-FINMA ist gemäss Erläuterungsbericht vom 7. Februar 2020 eine schlanke, prinzipienbasierte und proportionale Umsetzung. Das Management der Liquiditätsrisiken gewinnt an Bedeutung für Vermögensverwalter von Kollektivvermögen. Die Komplexität des Geschäftsmodells des jeweiligen Vermögensverwalters ist der massgebliche Treiber bei der Umsetzung. Je einfacher das Geschäftsmodell aufgestellt ist, desto weniger Ressourcen müssen für die Anpassungen von internen Prozessen, Systemen und Regelwerken eingesetzt werden.

Wir von SWA Swiss Auditors werden für Sie die praktische Umsetzung des proportionalen Ansatzes gemäss FINIV-FINMA mit grossem Interesse verfolgen und stehen Ihnen bei Rückfragen gerne zur Verfügung.