Auswirkungen des FIDLEG auf Anlageberater: Handlungsbedarf für Kundenberater

Autor: Rolf Duss

Baldiger Ablauf der Übergangfristen der Regelungen des FIDLEG für «Kundenberater» (Anlageberater)

Das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und die Finanzdienstleistungsverordnung (FIDLEV) traten am 1. Januar 2020 in Kraft. Sie beinhalten Vorschriften, die für Anlageberater relevant sind. Für diese besteht Handlungsbedarf. Die neuen Bestimmungen führen Insbesondere dazu, dass in der Anlageberatung tätige Kundenberater, die nicht für einen prudenziell beaufsichtigten Finanzdienstleister tätig sind, sich

  • ab 24. Dezember 2020 einer von Eidgenössischen Finanzdepartement anerkannten Ombudsstelle angeschlossen sein müssen;
  • am 19. Januar 2021 ein Gesuch für einen Eintrag im Beratungsregister einer von der FINMA beaufsichtigten Registrierungsstelle eingereicht haben müssen;
  • per Januar 2021 über eine Haftpflichtversicherung verfügen müssen, die die Anforderungen des FIDLEG erfüllt.

Es gilt somit für jeden in der Beratung tätige Person abzuklären, ob ihre Tätigkeit von den neuen Bestimmungen erfasst wird und, sollte dies der Fall sein, rechtzeitig alle notwendigen Schritte zu unternehmen um alle anwendbaren Fristen und Bestimmungen einhalten zu können.

Mit dem Inkrafttreten des FIDLEG bzw. dem Ablauf der entsprechenden Übergangsfristen kommen neue gesetzliche Bestimmungen zur Anwendung. Nebst der Registrierungspflicht für Kundenberater sind weitere Pflichten, insbesondere gewisse Verhaltenspflichten, neu gesetzlich vorgeschrieben.

Verstösse gegen Bestimmungen des FIDLEG sind mit Strafe bedroht und können auch zu zivilrechtlichen Verantwortlichkeiten führen.

Wer ist als Anlageberater registrierungspflichtig?

Art. 28 Abs. 1 FIDLEG bestimmt, wer einer Registrierungspflicht als Kundenberater untersteht:

«Kundenberater von inländischen Finanzdienstleistern, die nicht nach Art. 3 FINMAG beaufsichtigt werden, sowie Kundenberater von ausländischen Finanzdienstleistern dürfen ihre Tätigkeit in der Schweiz erst ausüben, wenn sie in einem Beraterregister eingetragen sind.“

Die inländischen Finanzdienstleister im Sinn von Art. 3 FINMAG sind die Personen, die nach den Finanzmarktgesetzen eine Bewilligung, eine Anerkennung, eine Zulassung oder eine Registrierung der Finanzmarktaufsichtsbehörde benötigen; und die kollektiven Kapitalanlagen.

Es ist zu beachten, dass derzeit Vermögensverwalter und Trustees noch nicht nach Art. 3 FINMAG beaufsichtigt sind. Sie werden jedoch gemäss Art. 2 Abs. 1 des FINIG in Zukunft prudenziell beaufsichtigt und müssen sich während der Übergangsfristen des FINIG auch bei einer allfälligen Tätigkeit als Anlageberater nicht ins Beraterregister eintragen lassen.

Weitere besteht gemäss Art. 31 FIDLEV eine Ausnahme von der Registrierungspflicht für gewisse Kundenberater von ausländischen Finanzdienstleistern: „Kundenberater von ausländischen Finanzdienstleistern, die im Ausland einer prudenziellen Aufsicht unterstehen, sind von der Registrierungspflicht ausgenommen, soweit sie ihre Dienstleistungen in der Schweiz ausschliesslich gegenüber professionellen oder institutionellen Kunden erbringen.“

Was fällt unter den Begriff «Anlageberatung»?

Es herrscht eine gewisse Unsicherheit darüber, welche Handlungen alles unter den Begriff «Anlageberatung» fallen. Das FIDLEG definiert Anlageberatung als die Erteilung von persönlichen Empfehlungen, die sich auf Geschäfte mit Finanzinstrumenten beziehen. Das FIDLEG spricht in Bezug auf die Registrierungspflicht zudem von Kundenberatern. Es stellt sich die Frage, ob beispielweise der massenhafte Versand einer Gesellschaftsanalyse an eigene Kunden oder an die Allgemeinheit eine Anlageberatung darstellt. Die FINMA hat diesbezüglich in ihrem Jahresbericht 2019 auf S. 32 auf folgendes aufmerksam gemacht: «Bei Direktmailings, die Kunden den Kauf bestimmter Anlageprodukte als für sie passend nahelegen, war den Instituten nicht immer bewusst, dass dies eine Form der Anlageberatung darstellt».

Es dürfte von den spezifischen Umständen abhängen, ob es sich im Einzelfall um eine «persönliche» Empfehlung und damit um Anlageberatung handelt oder nicht. Ob bei einem Massenversand ein Disclaimer, dass die beiliegenden Informationen keine Empfehlung und keine Beratung darstellen als rechtlich ausreichend betrachtet wird, kann derzeit nicht abschliessend beurteilt werden.

Wer ist ein Finanzdienstleister?

Finanzdienstleister sind natürliche oder juristische Personen, die gewerbsmässig Finanzdienst­leistungen in der Schweiz oder an Kunden in der Schweiz anbieten. Jeder Kundenberater eines inländischen Finanzdienstleisters, der in der Schweiz nicht prudenziell beaufsichtigt ist, muss in einem Beraterregister eingetragen sein, um seine Tätigkeit weiterhin ausüben zu können.

Gemäss Art. 3 Bst. d FIDLEG sind Finanzdienstleister Personen, die gewerbsmässig Finanzdienst­leistungen in der Schweiz oder für Kunden in der Schweiz erbringen. Gewerbsmässigkeit ist dann gegeben, wenn eine selbstständige, auf dauernden Erwerb ausgerichtete wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt.

Gemäss Art. 3 Bst. e FIDLEG sind Kundenberater «natürliche Personen, die im Namen eines Finanzdienstleisters oder selbst als Finanzdienstleister Finanzdienstleistungen erbringen».

Gemäss Art. 3 Bst. c FIDLEG umfassen «Finanzdienstleistungen» die folgenden für Kunden erbrachten Tätigkeiten:

  1. der Erwerb oder die Veräusserung von Finanzinstrumenten,
  2. die Annahme und Übermittlung von Aufträgen, die Finanzinstrumente zum Gegenstand haben,
  3. die Verwaltung von Finanzinstrumenten (Vermögensverwaltung),
  4. die Erteilung von persönlichen Empfehlungen, die sich auf Geschäfte mit Finanzinstrumenten beziehen (Anlageberatung),
  5. die Gewährung von Krediten für die Durchführung von Geschäften mit Finanzinstrumenten.

Was sind «Finanzinstrumente»?

Gemäss Art. 3 Bst. a FIDLEG umfasst der Begriff „Finanzinstrumente“ folgendes:

  1. Beteiligungspapiere:
    • Effekten in Form von Aktien einschliesslich Aktien gleichzustellender Effekten, die Beteiligungs- oder Stimmrechte verleihen, wie Partizipations- oder Genussscheine
    • Effekten, die bei Umwandlung oder Ausübung des darin verbrieften Rechts den Erwerb von Beteiligungspapieren nach Strich 1 ermöglichen, sobald sie zur Umwandlung angemeldet wurden,
  1. Forderungspapiere: Effekten, die nicht Beteiligungspapiere sind,
  2. Anteile an kollektiven Kapitalanlagen nach den Art. 7 und 119 KAG,
  3. Strukturierte Produkte, namentlich kapitalgeschützte Produkte, Produkte mit Maximalrendite und Zertifikate,
  4. Derivate nach Artikel 2 Bst. c FINMAG,
  5. Einlagen, deren Rückzahlungswert oder Zins risiko- oder kursabhängig ist, ausgenommen solche, deren Zins an einen Zinsindex gebunden ist,
  6. Anleihensobligationen: Anteile an einem Gesamtdarlehen mit einheitlichen Bedingungen.

Welche Registrierungsstellen für Kundenberater gibt es?

Die FINMA hatte am 20. Juli 2020 die BX Swiss AG als erste Registrierungsstelle für Kundenberater zugelassen. Mit dieser Zulassung begann eine sechsmonatige Übergangsfrist zu laufen. Kundenberater müssen somit bis zum 19. Januar 2021 ein Gesuch um Eintragung in einem Beraterregister einreichen. Dies setzt auch voraus, dass bis zu diesem Zeitpunkt der für die Registrierung notwendige Anschluss an eine Ombudsstelle nachgewiesen werden kann.

Aktuell hat die FINMA folgende Registrierungsstellen bewilligt:

BX Swiss AG, Zürich

PolyReg Services GmbH, Zürich

Association Romande des Intermediaires Financiers (ARIF), Genf

Die jeweils aktuelle Liste der bewilligten Registrierungsstellen kann abgerufen werden unter https://www.finma.ch/de/bewilligung/fidleg-und-finig/informationen-zum-fidleg/

Was sind die Voraussetzungen für den Eintrag in ein Beraterregister?

Kundenberater werden in das Beraterregister eingetragen, wenn sie die in Art. 29 FIDLEV verlangten Voraussetzungen erfüllen.

  1. über hinreichende Kenntnisse über die Verhaltensregeln nach FIDLEG sowie über das für ihre Tätigkeit notwendige Fachwissen verfügen;
  2. eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen haben oder dass gleichwertige finanzielle Sicherheiten bestehen; und
  3. selbst oder der Finanzdienstleister, für den sie tätig sind, einer Ombudsstelle angeschlossen

Diese Voraussetzungen müssen dauerhaft eingehalten und die Registrierungsstelle muss über eingetretene Änderungen informiert werden. Wenn die Registrierungsvoraussetzung nicht mehr vollständig erfüllt sind muss der Eintrag des Kundenberaters durch die Registrierungsstelle im Beraterregister gelöscht werden.

Die Registrierung ist jeweils nach Ablauf von 24 Monaten zu erneuern. Geschieht dies nicht, so wird gemäss Art. 41 Abs. 2 FIDLEV die Eintragung im Register gelöscht.

1. Fachkenntnisse

Die Fachkenntnisse können durch Berufstätigkeit und Aus- und Weiterbildungen nachgewiesen werden. Es obliegt den Registrierungsstellen, die eingereichten Unterlagen zu beurteilen.

Sofern derzeit jemand noch nicht in der Lage ist, seine Fachkenntnisse ausreichend nachzuweisen, so kann er die in Art. 104 FIDLEV vorgesehene Option nützen um das notwendige Wissen bis spätestens 31. Dezember 2021 nachzuweisen. In diesem Fall wird im öffentlichen Register bis zur Einreichung des Nachweises ausdrücklich erwähnt, dass Sie von dieser Option Gebrauch gemacht haben.

Nicht eingetragen werden dürften Gesuchsteller, die nach den Strafbestimmungen des FIDLEG oder des Versicherungsaufsichtsgesetzes strafrechtlich verurteilt wurden oder wegen strafbarer Handlungen gegen das Vermögen im Strafregister eingetragen sind oder gegen die für die einzutragende Tätigkeit ein Tätigkeits- oder Berufsverbot nach Artikel 33a FINMAG oder ein Berufsverbot nach Artikel 33 FINMAG vorliegt. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, so ist er gemäss Art. 41 Abs. 1 Bst. I der Registrierungsbehörde zu melden.

2. Berufshaftpflichtversicherung oder gleichwertige Sicherheiten (Art. 32 ff FIDLEV)

Mit der Berufshaftpflichtversicherung ist die gesetzliche Haftpflicht aus Vermögensschäden zu versichern, die sich aus der Tätigkeit als Finanzdienstleister oder Kundenberater infolge eines Verstosses gegen die beruflichen Sorgfaltspflichten ergeben. Für diejenigen Kundenberater, die für einen Finanzdienstleister tätig und ins Register einzutragen sind, hat der Finanzdienstleister eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschliessen. Die Deckungssumme, die für alle Schadenfälle eines Jahres zur Verfügung steht, muss mindestens CHF 500’000 betragen. Wird die Versicherung durch einen Finanzdienstleister abgeschlossen, der mehrere Kundenberater beschäftigt, so beträgt die Deckungssumme mindestens:

  1. bei zwei bis vier Kundenberatern: CHF 1,5 Millionen;
  2. bei fünf bis acht Kundenberatern: CHF 3 Millionen;
  3. bei mehr als acht Kundenberatern: CHF 10 Millionen.

Die Berufshaftpflichtversicherung muss eine ordentliche Kündigungsfrist von mindestens drei Monaten aufweisen und hat auch Schäden zu umfassen, die innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Versicherungsvertrags geltend gemacht werden, sofern sie während dessen Laufzeit verursacht wurden und soweit nicht aus einer anderen Versicherung eine Leistungspflicht besteht.

Alternativ zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung kann ein Finanzdienstleister eine gleichwertige finanzielle Sicherheit stellen. Als solche gilt eine Hinterlegung in der Höhe der Versicherungssumme bei einer Schweizer Bank. Die Hinterlegung bedarf der Zustimmung der Registrierungsstelle. Für ausländische Finanzdienstleister, die im Ausland einer prudenziellen Aufsicht unterstehen, gilt ein Mindestkapital im Gegenwert von CHF 10 Millionen als gleichwertige finanzielle Sicherheit.

3. Anschluss an eine Ombudsstelle (Art. 74 ff FIDLEG)

Die Ombudsstellen bedürfen der Anerkennung des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD). Das EFD hat am 24. Juni 2020 die erste Ombudsstelle nach FIDLEG anerkannt. Gemäss Art. 95 FIDLEG haben sich die Finanzdienstleister innert sechs Monaten nach Anerkennung der ersten Ombudsstelle, d.h. bis zum 24. Dezember 2020, an eine Ombudsstelle anzuschliessen.

Welche anerkannten Ombudsstellen gemäss FIDLEG gibt es?

Aktuell hat das EFD folgende Ombudsstellen anerkannt:

Stiftung Schweizerischer Bankenombudsman, Bahnhofplatz 9, 8021 Zürich

Verein «Ombudsstelle Finanzdienstleister (OFD)», Bleicherweg 10, 8001 Zürich

Verein «Finanzombudsstelle Schweiz (FINOS)», Talstrasse 20, 8001 Zürich

Stiftung «Ombud Finance Switzerland», Bollwerk 21, c/o Etude Peter von Ins, 3011 Bern

Financial Services Ombudsman (FINSOM), Avenue de la Gare 45, 1920 Martigny

Swiss Chambers’ Arbitration Institution (SCAI), Boulevard du Théâtre 4, 1211 Genf

Terraxis SA, Rue de la Tour-de-l’Île 1, 1204 Genf

Gesuche weiterer Ombudsstellen um Anerkennung sind pendent. Die jeweils aktuelle Liste
kann abgerufen werden unter https://www.efd.admin.ch/efd/de/home/das-efd/ombudstelle-nach-fidleg.html.

Die Ombudsstellen sollen Streitigkeiten über Rechtsansprüche zwischen den Kunden und Finanzdienst­leister im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens erledigen. Die FINMA wird die Umsetzung der Anschlusspflicht im Rahmen der Aufsichtstätigkeit prüfen. Es steht den Finanzdienstleister frei, welcher bewilligten Ombudsstelle er sich anschliessen will.

Welche Kosten verursacht die neue Regulierung?

Die neuen Regelungen führen zu beträchtlichen Kosten für die Anlageberater.

Gebühren der Registrierungsstelle

Gemäss Art. 42 FIDLEV sind diese durch die Registrierungsstellen in den folgenden Rahmen festzulegen:

  • Erstmalige Eintragung in das Beraterregister: Zwischen CHF 500 und CHF 2’500
  • Erneuerung der Eintragung: Zwischen CHF 200 und CHF 1’000
  • Für Eintragungen mit aussergewöhnlichem Umfang oder besonderen Schwierigkeiten kann die Gebühr nach dem Zeitaufwand abgerechnet werden. Der verrechenbare Stundenansatz beträgt dabei je nach Funktionsstufe der ausführenden Person zwischen CHF 100 und 500.
  • Für jährlich wiederkehrenden Aufwand kann die Registrierungsstelle eine kostendeckende Jahresgebühr erheben
Kosten der Ombudsstelle

Um eine gewisse Kostentransparenz sicherzustellen verlangt Art. 99 FIDLEV, dass die Ombudsstellen eine Beitrags- und Kostenordnung zu erstellen haben. Die Beiträge können gemäss der Beitrags- und Kostenordnung der Ombudsstelle namentlich in Form eines fixen Grundbeitrags und geschäftsfallbezogener Zusatzbeiträge erhoben werden. Die Beiträge bemessen sich verursachergerecht nach der Beitrags- und Kostenordnung der Ombudsstelle.

Die Jahresgebühren liegen für Kleinstbetriebe voraussichtlich in der Grössenordnung von einigen Hundert Franken für grössere Betriebe entsprechend höher. Die verfahrensabhängigen Gebühren werden nach Aufwand abgerechnet und können somit in vielen Fällen deutlich höher liegen. Da Art. 75 FIDLEG verlangt, dass Verfahren vor der Ombudsstelle für den Kunden kostengünstig oder kostenlos sein müssen, dürfte der Hauptkostenträger bei Verfahren der Finanzdienstleister sein.

Weitere Kosten

Weitere Kosten entstehen durch die neu vorgeschriebene Haftpflichtversicherung sowie durch die notwendige Weiterbildung, welche insbesondere bei sich verändernden Rahmenbedingungen von grosser Wichtigkeit ist.