Kundensegmentierung nach FIDLEG

Autorin: Caroline Kindler, lic. utr. iur., LL.M., stv. Geschäftsführerin OSFIN Aufsichtsorganisation Finanzdienstleister, Zürich

Am 1. Januar 2020 trat das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) in Kraft. Dieses Gesetz, welches sich auf die EU-Richtlinie MiFID II stützt, legt die Verhaltenspflichten der Finanzdienstleister fest. Solche Pflichten gab es bisher lediglich in einzelnen Sektoren wie bspw. in Branchenstandards.

Der Umfang der Verhaltenspflichten nach FIDLEG, welche von einem Finanzdienstleister einzuhalten sind, hängt vom Kundensegment ab, dem der jeweilige Kunde zugeordnet wird: Privatkunde, professioneller oder institutioneller Kunde. Diese Kundensegmentierung soll den unterschiedlichen Schutzniveaus Rechnung tragen und damit eine verhältnismässige Umsetzung der FIDLEG-Verhaltenspflichten gewährleisten. Je nach Segment geht das Gesetz von einem unterschiedlichen Grad an Vorwissen, Erfahrung und Risikofähigkeit bzw. -bereitschaft aus: Im Umgang mit institutionellen Kunden sind keine Verhaltenspflichten einzuhalten, ferner haben professionelle Kunden die Möglichkeit, auf die Einhaltung der Verhaltenspflichten vonseiten des Finanzdienstleisters zu verzichten. Finanzdienstleister dürfen auf eine Kundensegmentierung verzichten, sofern sie alle Kunden mit dem höchsten Schutzniveau des Privatkunden behandeln.

Möchte ein Kunde das ihm gesetzlich zustehende Schutzniveau erhöhen oder möchte er dagegen darauf verzichten, hat er unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit zu erklären, das Segment wechseln zu wollen („Opting“ System). Verantwortlich für die Kundeneinstufung ist der Finanzdienstleister, der seine Kunden den einzelnen Kategorien zuordnen muss. Für die Einstufung darf er sich grundsätzlich auf die von den Kunden gemachten Angaben stützen, dabei obliegt ihm eine Plausibilitätsprüfung.