Transparenz über klimabezogene Finanzrisiken

Autorin: Marianne Müller

Am 31. Mai 2021 veröffentlichte die FINMA das teilrevidierte FINMA-Rundschreiben 2016/1 «Offenlegung – Banken». Dieses Rundschreiben regelt die Informationspflichten von Banken über ihre Risiken. Dazu gehören auch die Folgen des Klimawandels, die für Finanzinstitute längerfristig bedeutende finanzielle Risiken bergen können. Mit ihrem prinzipienbasierten und proportionalen Ansatz will die Aufsichtsbehörde eine Verbesserung der Qualität der Offenlegung erreichen sowie längerfristig eine gewisse Vergleichbarkeit der offengelegten Informationen ermöglichen. Die Neuerungen treten am 1. Juli 2021 in Kraft. Die erste Offenlegung betrifft die Jahresberichterstattung über das Geschäftsjahr 2021.

Anwendungsbereich und Wesentlichkeit

Von der Offenlegung klimabezogener Finanzrisiken sind vorerst nur die Institute in den Aufsichtskategorien 1 und 2 betroffen. Die FINMA lehnt sich an die Empfehlungen des breit akzeptierten (privatwirtschaftlich initiierten) TCFD-Rahmenwerks (Task Force on Climate-related Financial Disclosures) an. Damit wird eine international kompatible Offenlegung erreicht. Die FINMA hat bewusst darauf verzichtet, Schweiz-spezifische Offenlegungspflichten zu definieren. Die Banken haben dadurch genügend Flexibilität, die Offenlegung an ihrer Grösse, Komplexität, Struktur, Geschäftstätigkeit und Risiken auszurichten. Institute können auf einen Konzernbericht verweisen, wenn die Informationen auf Einzelunternehmensebene und Gruppenebene identisch sind.

Es gilt der Grundsatz der Aussagekraft, wonach offengelegte Informationen relevant resp. wesentlich sein sollen. Eine Abweichung zu den herkömmlichen Offenlegungspflichten besteht aber darin, dass in jedem Fall Kriterien und Bewertungsmethoden für klimabezogene Finanzrisiken offengelegt werden müssen. Damit wird pauschalen Aussagen wie «es bestehen keine materiellen Risiken» vorgebeugt.

Stellen klimabezogene Finanzrisiken eine neue Risikokategorie dar?

Die FINMA stellt klar, dass klimabezogene Finanzrisiken keine neue Risikokategorie ist, sondern ein neuer Risikotreiber. Klimabezogene Finanzrisiken müssen in die klassischen Risikokategorien (Kredit-, Markt-, Liquiditäts- und operationelle Risiken) subsumiert werden. Klimabezogene Finanzrisiken können in die folgenden Arten von Risiken unterteilt werden:

  • Physische Risiken betreffen die drohende Zunahme von Schäden und Kosten für die Wirtschaft aufgrund von klimabedingten Naturkatastrophen (z.B. Erdrutsche oder Ereignisse, die zu Betriebsunterbrüchen bei relevanten Service-Providern führen) und graduellen Veränderungen des Klimas.
  • Transitionsrisiken treten aufgrund eingreifender Massnahmen der Klimapolitik, veränderter Kundenpräferenzen oder aufgrund disruptiver technologischer Durchbrüche auf.

Offenlegungselemente

Die neuen Offenlegungen gemäss neuem Anhang 5 «Klimabezogene Finanzrisiken» des Rundschreibens 2016/1 sind als Minimalanforderung zu verstehen. Die Offenlegung sieht die folgenden prinzipienbasierten Elemente vor:

  • Governance: Hier geht es um den «Tone from the Top», d.h. um die Verantwortlichkeiten auf Stufe Verwaltungsrat sowie die Rapportierungsrichtlinien innerhalb der Bank, welche Vorgaben zu Qualität und Umfang festlegen.
  • Strategie und Risikoerfassung: Die Institute sollen die klimabezogenen Finanzrisiken nennen und beschreiben. Die Zuordnung zu den bestehenden Risikokategorien muss aufgezeigt werden. Schliesslich sollen die Institute die Auswirkungen auf die Geschäftsstrategie und das Risikoprofil beschreiben; und zwar mit Angabe der zeitlichen Dimension (kurz-, mittel- und langfristig). Im Gegensatz zum TCFD-Rahmenwerk verlangt die FINMA nicht, dass die Institute mittels Szenarioanalysen die Strategie mit klimabezogenen Finanzrisiken überprüfen müssen.
  • Risikomanagement: Die Institute müssen erläutern, wie klimabezogene Finanzrisiken im institutsweiten Risikomanagement behandelt und berücksichtigt werden.
  • Quantitative Informationen: Nebst den drei vorerwähnten qualitativen Elementen müssen Banken auch quantitative Angaben zu klimabezogenen Finanzrisiken offenlegen einschliesslich der den Berechnungen zugrundeliegenden Methode. Aufgrund fehlender etablierter Praxis gewährt die FINMA den Instituten Freiheit in der Umsetzung und Wahl der verwendeten Methode.

Fazit und Ausblick

Der prinzipienbasierte Ansatz für die Offenlegung von klimabezogenen Finanzrisiken ist zu begrüssen, auch wenn im Kontext der «Environmental, Social, and Corporate Governance» (ESG) nur der Bereich Umwelt adressiert wird. Die Berichterstattung wird mangels spezifischer Vorgaben anfangs vermutlich heterogen ausfallen. Dadurch kann das Ziel der Vergleichbarkeit nicht zufriedenstellend erreicht werden.

Die Anwendung der Offenlegungspflichten ist vorerst auf Banken der Aufsichtskategorie 1 und 2 beschränkt. Es scheint realistisch zu sein, dass die FINMA im Nachhinein – nach Vorliegen erster Erfahrungen – eine Ausweitung auf andere Aufsichtskategorien evaluieren sowie spezifische Vorgaben bezüglich der Methode einführen könnte. ESG ist heute mehr als nur ein Trend. Wenn Institute der Kategorien 3 und 4 die neuen Offenlegungspflichten freiwillig umsetzen, können sie sich gegenüber ihren Mitbewerbern Wettbewerbsvorteile verschaffen.