Verordnung über die Berichterstattung über Klimabelange

Autorin: Marianne Müller

Am 23. November 2022 hat der Bundesrat die Verordnung über die Berichterstattung über Klimabelange auf den 1. Januar 2024 in Kraft gesetzt. Somit bleibt den betroffenen Unternehmen gegenüber dem Verordnungsentwurf ein Jahr mehr Zeit für die anspruchsvolle Umsetzung der neuen Vollzugsverordnung.

Betroffene Unternehmen

Die neue Verordnung ist für Publikumsgesellschaften, Banken und Versicherungen, die kumulativ mindestens 500 Mitarbeitende beschäftigen und eine Bilanzsumme von mindestens 20 Millionen Franken oder einen Umsatz von mehr als 40 Millionen Franken aufweisen, verbindlich.

Berichterstattungspflichten

Die neue Vollzugsverordnung konkretisiert lediglich die Offenlegung von Klimabelangen (insb. zu den CO2-Zielen), welche Teil der Umweltbelange sind. Diese sind nebst fünf weiteren Belangen (Soziales, Arbeitnehmerbelange, Menschenrechte, Korruptionsbekämpfung) Teil der nichtfinanziellen Berichterstattung nach Artikel 964b Obligationenrecht (in Kraft seit 1.1.2022).

Es gilt der Grundsatz der doppelten Wesentlichkeit. Dies bedeutet, dass betroffene Unternehmen einerseits das finanzielle Risiko offenlegen, das ein Unternehmen durch klimarelevante Tätigkeiten eingeht. Andererseits ist offenzulegen, welche Auswirkungen die Geschäftstätigkeit des Unternehmens auf das Klima hat.

Es sind folgende Themenbereiche offen zu legen:

  • Governance
  • Strategie (u.a. ein mit den Schweizer Klimazielen vergleichbarer Transitionsplan, quant. Angaben, Grundannahmen, Methoden, Standards)
  • Risikomanagement
  • Kennzahlen und Ziele für sämtliche materiellen Treibhausgasemissionen inkl. Scope 3-Emissionen über 5 Jahre, 15 Jahre und 30 Jahre.

Für Finanzinstitute kommen für die Offenlegung von Kennzahlen und Zielen gemäss Art. 3 Abs. 5 der Vollzugsverordnung zudem sektorspezifische TCFD-Orientierungshilfen zur Anwendung. Diese umfassen vorwärtsschauende, szenarienbasierte Klimaverträglichkeits-Analysen.

Falls ein Unternehmen kein Konzept verfolgt, muss dies nach dem «comply or explain-Ansatz» offengelegt werden.

Anzuwendender Standard

In Art. 3 der Vollzugsverordnung wird die sogenannte «Vermutungskonzeption» angewandt. Wenn die Berichterstattungspflicht in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Task Force on Climate-related Finanial Disclosures (TCFD) erfolgt, so gilt die Vermutung, dass die Offenlegungspflichten erfüllt sind. Bei den TCFD handelt es sich um branchenübergreifende Empfehlungen, die international breit anerkannt (rund 2’700 Organisationen) sind. Unternehmen können auch auf andere Leitlinien oder Standards referenzieren, müssen in diesem Fall jedoch nachweisen, dass die geforderte Berichterstattung erfüllt ist.

Form der Veröffentlichung

Unternehmen haben die Berichterstattung über Klimabelange in den Bericht über nichtfinanzielle Belange zu integrieren und auf der Website sowohl in einem für Menschen (z.B. pdf) als auch für Maschinen (z.B. XBRL) lesbaren, international verbreiteten elektronischen Format zu veröffentlichen. Für diese Pflicht gilt eine Übergangsfrist von einem Jahr ab Inkrafttreten. Der Bericht muss mindestens 10 Jahre lang öffentlich zugänglich sein.

Verantwortung

Gemäss Art. 964c Abs. 1 Obligationenrecht bedarf der Bericht über nichtfinanzielle Belange der Genehmigung und Unterzeichnung durch das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan sowie der Genehmigung des für die Genehmigung der Jahresrechnung zuständigen Organs.

Wesentliche Anpassungen gegenüber der Vernehmlassungsvorlage

  • Schärfung des Begriffs «Klimabelange»: neu Klimawandel anstatt Klima;
  • Klarstellung im Erläuterungsbericht, dass sich Artikel 3 Abs. 1 auf die materiellen Aspekte der entsprechenden Themen bezieht;
  • Übergangsfrist von einem Jahr für die Veröffentlichung des Berichts in elektronischer Form;
  • Die Begriffsdefinition «Greenwashing» wurde in den Erläuterungen gestrichen.

Herausforderungen

  • Ein glaubwürdiger Transitionsplan umfasst im Vergleich zur Finanzberichterstattung einen deutlich längeren Zeithorizont, was mit Planungsunsicherheiten und Ermessensspielräumen verbunden ist.
  • Da betroffene Banken sowohl aktienrechtliche als auch aufsichtsrechtliche Bestimmungen bei der Klimaberichterstattung in Übereinstimmung mit TCFD erfüllen müssen, gilt es widersprüchliche Informationen zu vermeiden.
  • Wissenschaftsbasierte Klimaverträglichkeitsmethoden gehören nicht zur Kernkompetenz von Finanzinstituten. Die Evaluation von entsprechend qualifizierten Partnern ist deshalb rechtzeitig anzugehen.
  • Unternehmen, die grenzüberschreitend in der EU tätig sind, kommen nicht umhin, sich rechtzeitig mit den regulatorischen Entwicklungen auseinanderzusetzten (z.B. Verschärfung der EU-Richtlinie, welche sich neu auf Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden, ungeachtet ob sie kotiert sind, ausdehnen wird).
  • Die mit Anwendung des «comply or explain-Ansatz» verbundenen Reputationsrisiken sollten durch die Unternehmen systematisch beurteilt und dokumentiert werden.
  • Obwohl Schweizer KMUs gemäss Definition von Artikel 964a Obligationenrecht von der Berichterstattungspflicht zu Klimabelangen per se nicht erfasst sind, sind die KMUs mit grossen Herausforderungen konfrontiert, wenn sie ein wesentlicher Zulieferer von Grossunternehmen sind. In diesem Fall empfiehlt sich, frühzeitig das Gespräch mit den Grossunternehmen zu suchen, um Kenntnis über zu rapportierende Kennzahlen zu gewinnen und Zeit für die Umsetzung zu bekommen.
  • Eine nicht sachgerechte Berichterstattung kann für Verwaltungsräte Haftungs- und Reputationsrisiken zur Folge haben. Die Governance ist entsprechend zu stärken.achfolgend stellen wir die wichtigsten Prinzipien und Handlungsempfehlungen vor.